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Gewinner des Deutschen Pflegepreises 2019 – Kategorie „Innovation“
„Unser NETZ e.V.“ – Verein zur Koordination sozialer Aufgaben in Lenningen und Owen
Was mit dem Engagement einiger weniger Bürger begann, ist ein mustergültiges Quartiersprojekt geworden. Der Verein Unser NETZ e.V. übernimmt zahlreiche soziale Aufgaben, teils kostenlos und ehrenamtlich. Dafür erhielt das Netzwerk im März 2019 den Pflegeinnovationspreis.
„Was brauchen wir in unserem Ort, damit wir hier auch im Alter noch gut leben können?“ – diese Frage stellten sich eine Handvoll Bürger der Gemeinde Lenningen am Rande der schwäbischen Alb, als sie den Verein Unser NETZ e.V. gründeten. Sie diskutierten die Frage mit Vertretern der Kommune und der Kirchengemeinden. Eine Arbeitsgruppe entstand. Die Bestandsaufnahme war dürftig. Die einzige Unterstützung für alte und pflegebedürftige Menschen in der Gemeinde war damals der ambulante Pflegedienst.
16 Jahre später ist das Angebot des Vereins stark gewachsen und die Hilfsangebote greifen mit der Zeit immer mehr ineinander, von der Senioren- über die Familienhilfe bis hin zu Inklusionsprojekten. Dafür erhielt die Initiative nun den Deutschen Pflegepreis in der Kategorie „Innovation“. In der Begründung der Jury heißt es: Dem Verein „ist es gelungen, ein nahes, engagiertes und tragfähiges Netz zu knüpfen, das eine vorbildliche soziale Infrastruktur bietet. Dies gelingt gemeinsam mit fast 100 Ehrenamtlichen, in Kooperation mit örtlichen Vereinen und Institutionen aus beiden Gemeinden. Sie verbindet der Leitgedanke des Projekts: die gegenseitige Unterstützung von Menschen.“
Zu Hause alt werden

„Oft sind es die kleinen Handreichungen im Alltag, die fehlen“, erklärt Gabriele Riecker, Gründungsmitglied und inzwischen hauptamtliche Leiterin der Geschäftsstelle des Vereins. Gerade Menschen, die keine Angehörigen vor Ort hätten, brauchten häufig Fahr- und Begleitdienste, kleine Aufmunterungen und Aktivierungen, sodass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten schöne Dinge gemeinsam mit anderen unternehmen könne.
Hilfe für Betroffene, Entlastung für Angehörige

Handwerklich geschickte Männer im Ruhestand engagieren sich in der Gruppe Rat & Tat. Sie leisten praktische Hilfe bei allem, wofür kein Handwerker zum Kunden fahren würde. Sie reparieren tropfende Wasserhähne, steigen auf die Leiter und wechseln eine Glühbirne oder hängen ein Bild auf. Kleine Dinge, die alte Menschen oftmals nicht mehr allein bewerkstelligen können.
Ein Bürgerbus fährt alte Menschen zum Einkaufen. Besuchsdienste nehmen sich für Pflegebedürftige Zeit, haben ein offenes Ohr oder lesen vor. Dadurch haben pflegende Angehörige ein paar Stunden Zeit, um Besorgungen zu machen, eigene Termine wahrzunehmen oder einfach mal etwas Abstand von der Pflegesituation zu Hause zu bekommen. Für die pflegenden Angehörigen selbst gibt es einmal im Monat eine Gruppe unter der Leitung einer Ergotherapeutin. Es gehe bei den Treffen allerdings um mehr als praktische Tipps für den Pflegealltag, wie Gabriele Riecker betont:
O-Ton: "Pflegende Angehörige sind oftmals allein gelassen." (Gabriele Riecker)
Vernetzung über Gemeinde- und Generationsgrenzen hinaus
Im Jahr 2011 erweiterten sich die Vereinsaktivitäten um die Stadt Owen. Die Bürgermeisterin der Stadt, Verena Grötzinger, ist heute Vorstandsvorsitzende des Vereins. Die Angebote richten sich inzwischen nicht mehr nur an ältere oder pflegebedürftige Menschen. Sie vernetzen Jung und Alt miteinander, zum Beispiel in Projekten mit ortsansässigen Schulen. Dabei werden Senioren zu Unterstützern in Projektgruppen und Arbeitsgemeinschaften oder helfen beim Aufbau einer Fahrradwerkstatt. Die Schülerfirma, ein Projekt der Lenningener Werkrealschule, erhält im Gegenzug Aufträge für Winterdienst oder Gartenarbeit von den Senioren.
Durch so viel ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde fühlen sich die Menschen miteinander verbunden, sowohl innerhalb Lenningens als auch mit der Nachbarstadt Owen. Gabriele Riecker beschreibt die positiven Entwicklungen des Gemeinschaftslebens:
O-Ton: "Das soziale Zusammenleben ist gewachsen." (Gabriele Riecker)
Vernetzen und Angebote schaffen
Pflegeinnovationspreis 2019


Quartiersarbeit als Zukunftsmodell
O-Ton: "Es kann nur funktionieren, wenn wir uns auch ein Stück weit umeinander kümmern." (Gabriele Riecker)
In vielen ländlichen Gemeinden in Deutschland fehlt es an Initiativen wie Unser NETZ. Um den sogenannten Quartiersgedanken zu leben, braucht es viele engagierte Menschen und koordinierende Stellen. Dann kann ein generationenübergreifendes Miteinander entstehen, bei dem gegenseitige Unterstützung in einer Region, einem Quartier, gelingen kann. Am Ende, so die Idee, profitieren alle von den Angeboten. Alte Menschen, die Hilfe in Anspruch nehmen, und junge Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Auch sie werden einmal alt, so kommt jeder irgendwann in den Genuss eines starken Netzwerkes. Füreinander da zu sein, das ist für Gabriele Riecker der Kern der Sache – und sie hofft, dass die Menschen in Zukunft wieder näher zusammenrücken.
Veröffentlicht am 24.05.2019