Die Pflicht der Politik
Dass es noch andere Kinder und Jugendliche in ihrer Situation gibt, wusste Lana lange Zeit nicht. Sie hat sich an die Lehrer ihrer Schule gewendet, als ihr Vater im Koma lag und sie von anderen öffentlichen Stellen keine Hilfe erhielt: „Dann ist es mir aber zu viel geworden und ich habe das Gespräch mit meinen Lehrern abgebrochen. Ich wurde danach nie wieder darauf angesprochen.“ So müssen ihre Mutter und sie die Monate, während ihr Vater im Krankenhaus liegt, eigenständig überbrücken. Lana kocht und kümmert sich um den Haushalt, während ihre Mutter zwei Jobs ausführt, um die Familie finanziell über Wasser zu halten.
Eines Nachmittags steht Lana am Bett ihres Vaters, als er aufwacht. „Er war so glücklich mich zu sehen und fing an zu weinen“, erzählt sie, „ich habe meinen Papa zuvor noch nie weinen sehen." In diesem Moment traf Lana die Entscheidung, ihre familiäre Situation nicht mehr zu verstecken und wendet sich an die Öffentlichkeit. Zunächst startet auch sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine Internetplattform: Mit young-carers.de möchte sie pflegende Kinder und Jugendliche miteinander vernetzen und ihnen mit Rat und Tat beiseite stehen. Um Unterstützung für ihr Vorhaben zu erhalten, schreibt Lana rund 270 Kommunen, Stellen der Wohlfahrtspflege und Krankenkassen in Bayern an.
Nachdem sie nur wenige Antworten erhalten und auch Politiker kontaktiert hat, wird sie in den bayerischen Landtag eingeladen. Dort hält sie im Sozialausschuss einen Vortrag über ihre Situation, verbunden mit konkreten Forderungen. Ihr Ziel ist es, ein anderes Bewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen: „Ich wünsche mir, dass jedes Kind, das sich öffnet und nach Hilfe sucht, auch welche bekommt. Ich kann an meiner Situation nichts mehr ändern und meinen Vater nicht gesund machen. Ich kann mich aber für die nächste Generation einsetzen. Dann hat meine Erfahrung einen Sinn ergeben.“