Wer hat Anspruch auf Erbausgleich für Pflegeleistungen?
Grundsätzlich nur Kinder und Enkel. Bei Ehepartnern greift das Gesetz nicht. „Das ist nicht optimal gelöst und führt manchmal zu Enttäuschungen, wenn die Leute das nicht wissen“, sagt der Erbrechtsanwalt Jan Bittler. Wer also von seinem Ehegatten gepflegt werden möchte und ihm dafür etwas Besonderes zukommen lassen will, muss das anders regeln – zum Beispiel durch ein Testament oder einen Pflegevertrag. Gleiches gilt für Schwiegerkinder, Eltern und andere Verwandte, die genau wie Nachbarn und Freunde keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Erbausgleich haben.
Pflegeleistungen: Was fällt darunter?
Ein weiteres Problem beim Erbausgleich: Wie viel Pflege erbracht worden sein muss, damit es einen Anspruch gibt, regelt das Gesetz nicht genau. Wenn zum Beispiel insgesamt nur einen Monat, dafür aber sehr intensiv gepflegt wurde, kann das durchaus beim Erbe berücksichtigt werden. „Ab und zu mal vorbeikommen und die Probleme anhören oder mit zum Arzt gehen reicht aber definitiv nicht“, so Bittler.
Kein Anspruch, wenn bereits etwas bezahlt wurde
Wer bereits zu Lebzeiten angemessen entschädigt wurde, hat keinen Anspruch mehr auf einen Erbausgleich. Theoretisch kann man zwar auch einen Anspruch haben, wenn z. B. Pflegegeld gezahlt wurde und die Leistungen deutlich darüber hinausgingen. „Das sind aber strittige Fälle, die man vermeiden sollte“, warnt Jan Bittler.
Kein Verzicht auf Einkommen notwendig
Dass für die Pflege auf Einkommen verzichtet wird, ist dagegen nicht mehr Voraussetzung für einen Erbausgleich. Hier hat der Gesetzgeber im Jahr 2010 nachgebessert zugunsten pflegender Angehöriger, die nicht oder nicht mehr berufstätig sind.
Pflegeleistungen nachweisen
Auch wenn Kinder sich sehr intensiv und vielleicht sogar rund um die Uhr um die Eltern gekümmert haben, gibt es immer wieder Streit – zum Beispiel weil die Geschwister anzweifeln, dass tatsächlich so viel geleistet wurde, wie behauptet wird. „Dann stehen die Betroffenen vor dem Problem, dass sie das im Nachhinein belegen müssen“, so der Anwalt.
Tipp: Pflegetagebuch führen
Er empfiehlt daher, ein Pflegetagebuch zu führen, in dem man dokumentiert, was man wann und mit welchem Zeitaufwand gemacht hat und auch, welche Ausgaben man hatte. „Das bloße Aufschreiben reicht aber nicht“, so Bittler. Man sollte auch jemanden haben, der die Leistungen bezeugen kann oder, besser noch, sie sich vom Pflegebedürftigen abzeichnen lassen.
Wie hoch sind die Ansprüche?
Ein weiteres Problem ist die Frage, wie viel die Pflegeleistungen überhaupt wert sind. Idealerweise werden sich die Erben einig, wie viel demjenigen zusteht, der die Pflege erbracht hat. Gelingt das nicht, entscheidet ein Gericht. „Auch zum Wert der Pflege gibt es ganz verschiedene Ansichten, und auch die Gerichte entscheiden extrem unterschiedlich“, so Bittlers Erfahrung.
Alternativen zum Erbausgleich
Weil all das ziemlich kompliziert ist und nicht selten zu Streit unter den Erbenden führt, rät Bittler seinen Mandanten, möglichst frühzeitig andere Vereinbarungen zu treffen. Am besten in Form eines Pflegevertrags, der regelt, dass der pflegende Angehörige zu Lebzeiten entlohnt wird. „Solange der einigermaßen nachvollziehbar ist und sich grob an den Pflegegraden orientiert, kommt man damit ziemlich sicher durch.“ Falls das nicht möglich ist – weil es zum Beispiel um ein bewohntes Haus als Erbe geht – sollte man ein Testament machen.