Weckworte: Ein Poesie-Projekt für Alzheimer- und Demenzkranke
Dass ausgerechnet Gedichte dabei helfen können, eine Verbindung zu Demenz-Patienten aufzubauen, hat Ruppel in einem Workshop des amerikanischen Poeten Gary Glazner gelernt. Eine Idee, die den Poetry Slammer derart berührte, dass er sein eigenes Projekt ins Leben rief: Weckworte – das Poesie-Projekt für Alzheimer- und Demenzkranke. Wie dringend nötig derlei intellektuelle Impulse im Pflegealltag sind, zeigt der Blick in deutsche Heime: Mal ein Liedernachmittag hier, mal ein paar Geburtstagsverse dort – sonst bleibt zwischen Zeitdruck und Pflegegraden, Rollatoren und püriertem Essen meist wenig Platz für Kultur und Poesie.
Um Gedichte richtig einzusetzen, braucht es jedoch nicht nur Zeit, sondern auch die richtige Technik. Vor allem der Umgang mit Demenzkranken erfordere viel Sensibilität und Gespür für Stimmungen, erklärt Ruppel. „Wenn jemand traurig ist, muss ich nicht auch noch die ‚Mondnacht’ vortragen.“ Wie auch Pflegekräfte und Angehörige die Macht der Worte nutzen können, erklärt Ruppel darum in seinen Workshops. Dort lernen die Teilnehmer, wie man Demenzkranken Gedichte vorträgt – authentisch und ohne Berührungsängste.
„Am wichtigsten ist, dass man selbst mag, was man vorträgt – Dann macht man fast automatisch alles richtig“, sagt Ruppel. Das Repertoire beschränkt sich dabei längst nicht auf altbekannte Klassiker. Moderne Lyrik, Raps, dadaistische Gedichte, aber auch Volkslieder – Alles ist erlaubt. „So können wir neue Impulse in einem oft sehr tristen Alltag setzen“, erklärt der Poetry Slammer. Ganz so einfach wie es klingt, ist das aber oft nicht. Viele Teilnehmer koste es anfangs einiges an Überwindung, mit Gedichten zu kommunizieren. Diese Ängste behutsam abzubauen – auch darum geht es in Ruppels Kursen.