Fordern und anregen, aber nicht überfordern
Held sieht den Schlüssel zu einem sinnvollen Umgang mit Demenzpatienten im Verständnis von deren verändertem Selbsterleben. Die Vorstellung, ein Demenzkranker lebe in seiner eigenen Welt, hält er für falsch: „Der Demenzkranke ist wie jeder andere Mensch unserer Welt ausgesetzt – bekommt durch sein verändertes Erleben jedoch Probleme. Hierbei sollten wir ihm entgegenkommen.“
Das bedeute immer eine differenzierte Herangehensweise. Man müsse genau hinschauen, inwieweit der Betroffene sich selbst noch erkennen und mit seiner eigenen Biografie identifizieren kann. „Wenn ein Demenzkranker von dem Foto seiner Ehefrau zunehmend irritiert wird, weil er es nicht mehr zuordnen kann, sollte man es lieber durch ein neutrales Bild ersetzen“, rät Held. Wird Biografisches zu überfordernd, sei es für viele Patienten besser, aus der eigenen Wohnung in eine `biografiefreie` Umgebung umzuziehen, etwa in ein Pflegeheim. „Tatsächlich wartet dort oft eine neue Geborgenheit mit weniger emotionalen Konflikten“, so Held.
Dem gegenüber könne es kränkend sein, dem Patienten zu früh das eigene Handeln zu vereinfachen – etwa das Brötchen zu schmieren, wenn der Betroffene es noch selbst könnte. Dadurch komme es häufig zu Situationen, in denen behutsam abgewogen werden müsse. Sagt man einem Demenzkranken: „Herr Müller, kommen Sie doch mal zum Waschen ans Waschbecken“, überfordert ihn das möglicherweise, weil er nicht mehr weiß, dass er ‚Müller‘ mit Nachnamen heißt. Ratsam sei, sich stattdessen lieber ein paar Minuten zu Zeit nehmen, zu beobachten, auf einer emotionalen Ebene Zugang zu suchen und es dann entweder ohne Worte oder mit einer allgemeineren Ansprache wie „Jetzt geht’s zum Waschen“ zu versuchen.
Thomas Friedel erhielt die Diagnose seiner Mutter in den 80er Jahren. Damals war es kaum möglich, etwas über die Krankheit in Erfahrung zu bringen. Aber allein der Besuch in einer Selbsthilfegruppe hat ihm viel gebracht, erinnert er sich. Allen, die heute Angehörige mit Alzheimer-Demenz pflegen, kann er nur ans Herz legen, die verfügbaren Informationsangebote ausgiebig zu nutzen. „Ich glaube, dass es Alzheimer-Patienten sehr zugutekommt, wenn die Pflegenden sich besser einfühlen können. Und auch für die Angehörigen wird es sicher leichter.“